FMR1-Gendrucken

 

 

 

Kurzinformation

Fragiles X-Syndrom (Martin Bell Syndrom), Abklärung einer mentalen Retardierung, familiär gehäuftes Auftreten mit Verdacht auf geschlechtsgebundenen Erbgang.

 


 

Humangenetik          

Das auf Chromosom Xq27.3 gelegene Gen umfasst einen Bereich von 39.8 kb mit 19 Exonen. Genprodukt ist das RNA-Bindungsprotein FMR-1 (Mr 71.2 kDa), das in hohen Konzentrationen in Gehirn, Testis, Plazenta und Lymphozyten vorkommt. Das FMR-1-Protein bindet an Polysomen und ist wahrscheinlich an dem Transport von mRNA vom Zellkern in das Zytoplasma beteiligt.

 

         

Bisher wurden 23 Mutationen im FMR1-Gen beschrieben die das fragile X-Syndrom verursachen. Die weitaus häufigste Mutation führt zu einer Vergrößerung der (CGG)n-Sequenzwiederholungen in der nicht-kodierenden Region am Anfang (5>) des ersten Exons. Die (CGG)n-Region ist polymorph und hat bei der normalen Population eine Größe zwischen n=5 und n=50 und eine bei FRAXA-Patienten durch Fehler der DNA-Replikation verursachte expandierte Größe von n>200. Kleinere Expansionen bis etwa n=70 können durch Fragmentlängenbestimmung mittels hochauflösender Kapillarelektrophorese nach enzymatischer Amplifikation des die (CGG)n-Region eingrenzenden DNA-Segments bestimmt werden. Größere Expansionen werden durch Southernblot-Analyse nachgewiesen. Die (CGG)n-Repeats liegen in der regulatorischen nicht-kodierenden Region am Anfang (5=) des ersten Exons, was zur Folge hat, dass die Synthese von dem für die Entwicklung des Gehirn notwendigen Proteins reduziert erfolgt oder gar völlig erlischt. Zusätzlich werden bei expandierten Allelen mit mehr als 200 Repeats CG-reiche Sequenzmotive (CpG islands) im 5>-Bereich der Repeat-Region methyliert, was die Inaktivierung des Gens noch unterstützt. Da das Ausmaß der Inaktivierung des Gens proportional zur Größe der CGG-Expansion ist, gilt dies auch für das Ausmaß der mentalen Retardation.

 

        


 

Erbgang       

Das fragile X-Syndrom wird X-rezessiv vererbt.

 

        


 

Symptome   

Das klinische Hauptmerkmal des Krankheitsbildes stellt die geistige Behinderung dar. Der Schweregrad reicht von Lernbehinderung bis zur scheren geistigen Retardierung. Sprach- und Sprechanomalien (Echolalie, Perseveration), Sterotypien treten besonders häufig auf. Oft bestehen auch ausgeprägte Verhaltensstörungen mit Hyperaktivität, Überreaktionen in Stresssituationen und autistische Verhaltensmuster.

 

 

Körperliche Auffälligkeiten sind im Kindesalter im Vergleich zu den psychischen Veränderungen eher diskret.

 

 

Im Erwachsenenalter wirkt das Gesicht markant durch eine längliche Gesichtsform mit breitem Kinn und großen, häufig abstehenden Ohren. Bei über 50% findet sich eine deutliche Makroorchie mit über 30 mL Volumen.

 


 

G. Schlüter, H.P. Seelig